Kontakt und Trauma 1

 

Wenn mir eines in meiner Praxis immer wieder begegnet, dann sind es die Auswirkungen von Traumatisierungen auf unsere Fähigkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu gehen und uns dort wohl zu fühlen. Viele sind nur sehr eingeschränkt in der Lage in Kontakt zu gehen, leben isoliert und wünschen es sich von Herzen anders.

Doch die Angst vor einer Konfrontation mit einer weiteren Ablehnung, einer möglichen neuen Bedrohung oder neuen Überforderung machen den Schritt oft unmöglich. Der Körper reagiert zu stark, das Nervensystem zu gereizt, es braucht Stunden oder Tage um wieder zur Ruhe zu finden (so das denn überhaupt möglich ist), nachdem Kontakt stattgefunden hat.

Oft ist das Sehnen nach Mitmenschlichkeit so stark, dass es seelisch und körperlich weh tut, doch die Konsequenzen, in Kontakt zu gehen sind noch unaushaltbarer.

 

Wir sind als Menschen nicht dafür gemacht, allein durch unser Leben zu gehen. Unsere Körper und Nervensysteme sind verdrahtet für Co- Regulation. Wir sind dafür angelegt, uns mit anderen zu beruhigen. Doch was, wenn andere Menschen nicht Regulation, Ruhe und Unterstützung bedeuten/ bedeutet haben sondern Gefahr, Gewalt und Verletzung?

 

Traumatisierungen finden oft im Kontext mitmenschlichen Miteinanders statt. Anstelle die Erfahrung zu machen, dass Kontakt wohltuend, nährend und wünschenswert ist, erleben Betroffene oft schon früh, dass menschlicher Kontakt bedohlich, beängstigend und überfordernd sein kann.

 

Dadurch wird das grundlegende menschliche Bedürfnis nach Kontakt überschrieben vom Wunsch nach Sicherheit, Stabilität und Unversehrtheit.

 

Viele Betroffene verlieren im Kontakt mit anderen das Gefühl für sich selbst, ihre Grenzen und Bedürfnisse. Ihre Körper reagieren mit Panik und schwerem Stress, Dysregulation des Nervensystems oder Starre, wobei meist das Bewusstsein dafür besteht, nicht "normal" zu sein. Oft verdrängen dann Scham und Selbstabwertung das Bedürfnis nach Nähe. Freundschaften können nicht entstehen, weil die Überforderung im System immer wieder zu Pausen zwingt, in denen Kontakte zu anderen Menschen zu anstrengend sind und Rückzug notwendig wird, um den Alltag bestreiten zu können.

 

Ich bin der Meinung, dass die Auswirkungen von zwischenmenschlichen Traumatisierungen, die durchaus auch Generationen alt sein können, einen Großteil menschlicher Interaktionen heutzutage beeinflussen und steuern und das eine allgemeine Wahrnehmung dessen noch kaum vorhanden ist.

 Ich wünsche mir mehr Wahrnehmung dafür, wie viele sich im Miteinander anstrengen, und dass es für manche viel Kraft braucht in Kontakt zu gehen und zu bleiben. Ich wünsche mir mehr Mitgefühl im Miteinander.

 

Wenn Du selbst erlebst, dass Kontakt dich sehr anstrengt und du zu Rückzug oder Vermeidung neigst, sei so freundlich mit dir wie es dir möglich ist.

Womöglich hast du Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht, die überwältigend waren oder sehr verletzend, beängstigend oder gewaltvoll. Solltest du aktuell noch solche Erfahrungen machen, such dir Hilfe, um aus der Situation zu kommen. Sollten die Erlebnisse in der Vergangenheit liegen, können Traumatherapie, Selbstregulation und Achtsamkeit etc. helfen, dass Kontakt für dich wieder nährend und sicher werden kann.